Das Mordkreuz by Roman Rausch

Das Mordkreuz by Roman Rausch

Autor:Roman Rausch [Rausch, Roman]
Die sprache: deu
Format: mobi
Tags: Spionage, Belletristik/Krimis, Thriller
Herausgeber: rowohlt
veröffentlicht: 2012-08-05T13:13:49+00:00


25

Ich falle.

Wieder träumte sich Kilian nach Italien an einen einsamen Strand. Diese Stimme, die er gut kannte, lockte ihn abermals ins Meer. Über seinem Kopf schlugen die Wellen zusammen. Er tauchte tiefer, durchstieß einen Vorhang aus Fischen und hielt sich dicht oberhalb des wiegenden Seegrases. Obwohl er wusste, dass ihm die Atemluft bald ausgehen würde, fürchtete er sich nicht. Er würde den Durchgang rechtzeitig erreichen. Da vorn, zwischen den beiden Felsen, wartete das dunkle Maul auf ihn.

Ein Schatten fiel von der Wasseroberfläche auf ihn herab. Furcht erfasste ihn. Er musste sich beeilen. Noch vor dem Eingang packte sie ihn und zerrte ihn weg. Ihr Gesicht war nicht zu erkennen. Es war von langen Haaren umspült. Ihr weißes Kleid nahm ihn ein, wie man einen zappelnden Goldfisch in den Händen hält. Nirgends fand er einen Ausgang aus diesen weißen Schleiern, die ihn orientierungslos machten. Im Moment der höchsten Not erkannte er zwei rote Punkte. Sie kamen geradewegs aus der dunklen See auf ihn zu. Das Heulen des Windes begleitete sie. Er riss den Schleier entzwei und blickte in das blutige Gesicht einer Frau.

Kilian öffnete die Augen. An der Decke spiegelte sich der Schatten der Gardine. Alles war ruhig. Pia schlief tief an seiner Seite. Er stand auf und nahm die Wasserflasche aus dem Kühlschrank. Nachdem er sie geleert hatte, griff er zum Brandy und den Zigarillos. Einem oft praktizierten Ritual folgend, ging er hinaus auf die Terrasse und setzte sich an den Tisch. Der Himmel war wie in den vergangenen Wochen sternenklar. Kein Lufthauch vermochte den Schweiß auf seinem Körper zu trocknen.

Was zum Teufel hatte eine Weiße Frau in seinen Träumen verloren?, fragte er sich. Er hatte nichts mit diesem Zirkus zu tun. Sollten doch alle anderen an diesen mystischen Unfug glauben, aber doch nicht er. Und nun fing es auch bei ihm an.

«Was machst du hier draußen?», fragte Pia, die einen Bettüberzug um ihren Körper gewickelt hatte.

«Durchatmen. Drinnen war es mir zu stickig.»

Sie setzte sich zu ihm. «Wieder schlecht geträumt?»

Kilian nickte.

«Langsam sollten wir etwas dagegen unternehmen», sagte sie besorgt.

«Und das wäre?»

«Mit einem Profi darüber sprechen.»

Er lachte auf. «Der quatscht mir dann die Träume weg, oder wie?»

«Ein Analytiker kann dir einen Weg aufzeigen, was sich hinter diesen Traumbotschaften verbirgt. Ungelöste Konflikte kleiden sich gern in Träume, die sich in deinem Unterbewusstsein festgesetzt haben. Wenn du dir des Konflikts bewusst wirst, kannst du ihm auf rationaler Ebene begegnen und ihn lösen.»

«Dazu brauche ich keinen Psycho. Das weiß ich schon selbst.»

«Ach ja? Dann sag mir: Was ist mit dir los, dass du seit Wochen nicht mehr schlafen kannst?»

Kilian zögerte. Was sollte er ihr sagen? Dass er vermutlich Angst hatte, als Vater zu versagen? «Ich weiß nicht. Vielleicht kommt alles ein wenig plötzlich.»

Pia reagierte verwundert. «Ich bin im sechsten Monat schwanger. Wie viel Zeit benötigst du denn noch, um dich an den Gedanken zu gewöhnen?»

«Es ist mein erstes Kind. Und beim ersten Mal ist doch alles irgendwie schwierig. Geht es dir denn nicht genauso?»

Pia schaute ihn lange an, bevor sie antwortete. Schließlich lenkte sie ein.



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